Der 1922 wegen
seiner vernünftigen politischen Haltung von „Rechten“ ermordete deutsche Außenminister
Walther Rathenau formulierte sinngemäß: „Ich kenne in Europa etwa einhundert
Personen, welche selten an die Öffentlichkeit gehen. Das sind die sogenannten
Wirtschaftskapitäne. Aber deren Entscheidungen sind häufig wesentlicher und wirksamer
als jene von Regierungen.“
Wer meint, dass dieser Post mit den beiden
vorhergehenden nicht verbunden ist, irrt sich. Als Fortsetzung zu beiden die
Empfehlung, sich das kurze Video anzusehen:
Danach in die nächste Buchhandlung zu gehen und sich oder bei Amazon das
rororo-Taschenbuch „Der Oligarch“ (ISBN 3-499-61471-5) von Jürgen Roth zu
bestellen.
Er hat für das unveröffentlichte Manuskript die horrende Summe von
600.000 DM von ihm bisher nicht bekannten Interessenten aus Osteuropa geboten
bekommen.
Das Buch ist bereits 2002 erschienen, dürfte aber auch Ihnen
unbekannt sein. In ihm kommt der ukrainische Oligarch Vadim Rabinovich zu Wort.
Ich hatte das Taschenbüchlein vor längerer Zeit erworben, es verkramt und
vergessen. Nun veranlasste mich das sehr eigenwillige Auftreten sonntags Abend
des inzwischen auch in die Politik eingestiegenen Magnaten im ukrainischen Fernsehsender
NEWS ONE, mich zu erinnern und zu suchen. Das hätte ich schon vor längerem tun
sollen. Doch wie sagt man: „Lieber spät als nie.“
Denn Jürgen Roth bietet neben
den Berichten zu Gesprächen mit dem Geschäftsmann viele Informationen aus
anderen Bereichen wie Landes- und Bundespolizeidienststellen und deren Kollegen
aus aller Welt. Gründlich belegt. Ein Lesegenuss schon deswegen. Dazu mit
Akribie ermittelte Fakten zu eindeutig bestellten oder nur der Auflage wegen von
den Schöpfern selbstgezogenen „Enten“ im Nachrichtenbereich.
Nebenbei sagt
unter anderem Rabinovich mit etwas anderen Worten sehr offen: „In meinen
Blättern wird doch nichts veröffentlicht, was mir abträglich ist.“
Gestern
Abend war es für mich so weit, den aufmerksamen und deutlich formulierenden
Kritiker der offiziellen ukrainischen Politik in diesem Post auch anderen zu
empfehlen.
Zuerst, weil er auf eine diesbezügliche Frage fundiert antwortete: „Wenn
der Finanzminister davon spricht, dass anstatt 5 Millionen Familien wegen der
neuen Tarife für Gas, Energie und Wasser in Zukunft 7 Millionen Familien, also etwa die Hälfte
aller Ukrainer Subsidien beantragen muss, ist das doch eine verfehlte
Tarifpolitik – oder?“
Dann folgte eine Anekdote aus Odessa. „Die Briten haben
erstmals erfahren, dass die Ukraine in die EU will. Da sind sie vorsichtshalber
ausgetreten.“
Was sagte er zum Brexit? Mit seinen Worten – weil er ständig wegen
der unterschiedlichen Fragesteller zwischen Russisch und Ukrainisch wechselt,
kein Zitat, sondern der Sinngehalt: „Weil mich die Ukraine interessiert, sage
ich nichts zur EU. Außer, dass sie mit dem Ausscheiden Großbritanniens viele zusätzliche
Probleme bekommt. Wir haben damit in der EU einen Verbündeten gegen die
russischen Machenschaften verloren – aber nur in diesem Sinne. Die politische
Linie Englands wird dieselbe, es also an unserer Seite bleiben. Was jedoch
ungünstig für uns ist, dass wegen der genannten Probleme unsere Vereinigung mit
der EU verlangsamt werden wird.
Wir sollten das aber anders sehen – so, wie ich
es hier schon einmal sagte. Unsere Aufgabe ist es, in der Ukraine Europa
aufzubauen. Um nicht als Bittsteller in die Gemeinschaft zu kommen. Dazu haben
wir alle Voraussetzungen. Allerdings nicht bei der gegenwärtigen Regierung. Es wäre
schön, wenn sich im Parlament 150 Personen fänden, welche ihr Mandat
niederlegen. Dann gäbe es ein neues Parlament und eine neue Regierung.“
Es gäbe
noch viel zu schreiben – nur habe ich keine Aufzeichnung der
Frage-Antwort-Sendung. Merken Sie sich bitte den Namen und, wenn Sie ihn sehen
können, auch den Mann. Denn wir werden von ihm noch zu hören bekommen.
Bleiben
Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger